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Die AfD ist hausgemacht, weshalb man sie nur von Hause aus kleinkriegt!

Politikwissenschaftler haben den Aufschwung der AfD gut erklärt. Die Konservativen der alten Bundesrepublik hatten in der Ära vor Angela Merkel ein funktionierendes Konzept, rechts neben sich keine Partei stark werden zu lassen. Republikaner, Deutsche Volksunion, NPD und sämtliche rechtsextremen Kleinstparteien verschwanden nach relativ kurzer Zeit von der Bildfläche, auch wenn sie vorrübergehend Wahlerfolge in Landesparlamenten hatten. In der Kohl-Ära gelang es noch, Leute wie Alfred Dregger oder später Alexander Gauland kleinzuhalten, indem man sie und ihr Milieu an sich band und unter Kontrolle behielt. Angela Merkel, ob aus Unvertrautheit mit dieser Strategie, aus mangelndem politischen Gespür oder aus Übermut, ließ, so drücken es die Fachleute aus, die “Beiboote” sausen. So entstand die AfD.

Hinzu kam Angela Merkels Politikstil, der nicht eben von Weitsicht, Aufmerksamkeit, Korrektur, Fehler- und Diskussionskultur geprägt gewesen ist, obwohl die CDU nach der aus dem Ruder gelaufenen Flüchtlings- und Migrationspolitik von 2015/16 bei den Wahlen 2017 fast zehn Prozent Stimmen verloren hatte und die AfD in den Bundestag kam. Ich glaube übrigens nicht, dass es vor allem an Armin Laschet gelegen hat, dass die Bundestagswahl 2021 für die CDU so schlecht ausgegangen ist. Angela Merkel hat ihre Koalitionspartner, sei es die FDP, seien es die Sozialdemokraten, an die Wand gedrückt, indem sie ihnen ihr Profil nahm – auch das zeugt von mangelndem Verständnis davon, wie eine Parteiendemokratie funktioniert – und jagte einem grünen Zeitgeist nach – siehe Atomausstieg, siehe Etablierung einer staatlich geförderten Zivilgesellschaft, siehe Identitätspolitik und Förderung des politischen Islam -, mit dem bekannten Effekt, dass jede Kritik an der Regierungspolitik als mindestens “populistisch”, “rechtspopulistisch” und “rechts”, wenn nicht noch Schlimmeres, denunziert werden konnte. Das ist zwar Unsinn, weil allein schon die ernst zu nehmende Kritik an Merkels Flüchtlings- und Migrationspolitik aus der teilweise honorigen Mitte und von Links kam, aber es hat viel zu lange funktioniert.

Angela Merkels Kurs hat sich als große Illusion erwiesen: Atomausstieg, Flüchtlingspolitik und die Russland-Politik waren verhängnisvolle Fehler und die vollmundig angekündigten Reformen – Digitalisierung, Bürokratieabbau, Erneuerung der Infrastruktur – blieben aus.

Zurück zur AfD, die kein Naturereignis war. Im Bestreben, so viele Mitglieder als möglich zu gewinnen, nahm die Partei fast alle auf, die sich am Wegrand tummelten und schaute nicht so genau, wer da so alles in ihren Reihen willkommen geheißen wurde, wo sich der eine oder andere engagiert hatte und was genau er dort gesagt und getan hatte. So verwandelte sich die Professorenpartei von Bernd Lucke sehr rasch in die rechtsextreme AfD von Björn Höcke, der sie fest im Griff hat. Nach dem Huckepack-Prinzip schleppte der seriösere Teil der Partei, der sich inzwischen verdünnisiert und mit Jörg Meuten seinen letzten rechtskonservativen Repräsentanten verloren hat, die Rechtsextremen in die Parlamente. Da die Rechtskonservativen in der AfD ohne die Rechtsextremen ein versprengtes Häuflein wären und umgekehrt die Rechtsextremen das Gleiche ohne die Rechtskonservativen, sind sie inzwischen unzertrennlich und die AfD verbrannt. Das wissen auch die Wähler im Osten, wo sie die Funktion der aus der PDS hervorgegangenen LINKEN erfüllt: eine Fundamentalopposition gegen den Westen, gegen die Nato, gegen die Europäische Union, heute für Verhandlungen mit Putin und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine. Das ist der Grund dafür, dass derzeit nur eine Wagenknecht-Partei imstande ist, die AfD im Osten zu halbieren.

Für die CDU ist es inzwischen eine Überlebensfrage – die SPD und die Grünen gibt es schließlich schon -, sich öffentlich von Angela Merkels politischem Kurs zu distanzieren. Vorher wird sie erstens nicht von der schlechten Ampel-Politik profitieren und zweitens die AfD bei Wahlen im Osten nicht schlagen. Um aber das zu erreichen, müsste sich die CDU drittens ihre Kernbereiche zurückholen, die sie sich in der Merkel-Ära von der AfD hat abnehmen lassen: Innere Sicherheit, Energiepolitik und eine gewisse Reserviertheit gegenüber dem Zeitgeist. Von heute auf morgen wird es nicht gelingen, in Thüringen, Sachsen, Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern Glaubwürdigkeit und das Wählervertrauen wiederzuerlangen. Wichtig ist vor allem Klarheit in den Botschaften und das Vermeiden von Rumeierei.

Ich glaube nicht, dass die Mehrheit der heutigen AfD-Wähler im Osten dieser Partei zutraut, Probleme zu lösen. Wahrscheinlich fürchten viele die Fortsetzung des Kurses von Angela Merkel und eine Koalition mit den Grünen, deren Personal auf Bundesebene für alle sichtbar vor Inkompetenz nur so strotzt. All das könnte die CDU bis zur nächsten Bundestagswahl ausräumen.

Mich bringt nicht die Sorge um das Wohlergehen der CDU um den Schlaf, sondern die Umfragewerte der AfD. Ihre Erfolge bei den Kommunal- und Landratswahlen erzielte sie mit Bundesthemen, über die die Gewählten überhaupt nicht entscheiden können. Aber die Fehler, die auf Bundesebene gemacht wurden und werden, machen sich auf der kommunalen Ebene immer bemerkbarer: sei es die mittelständische Wirtschaft, seien es Energiepreise und Lebenserhaltungskosten, sei es der Bildungsnotstand, sei es die nicht abreißende Zuwanderung aus streng patriarchalisch geprägten Regionen.

Die CDU im Osten sollte nicht den törichten Fehler begehen, in der Ukraine-Frage der AfD nachzurennen! Überlassen Sie das Sahra Wagenknecht!

Die ukrainischen Flüchtlinge muss man mit ihrer Westorientierung, ihrer meist vorzüglichen Ausbildung und ihrer Sozialisation ebenso wenig integrieren wie Italiener, Vietnamesen, Polen, Koreaner, Argentinier, Balten, Griechen, Japaner etc. Sie tun das von selbst. Vor allem verachten sie weder den Westen noch eines seiner zentralen Grundprinzipien: die Freiheit des Individuums. Ukrainer sind für uns auch dann eine Chance, wenn ein beträchtlicher Teil  von ihnen irgendwann in die Ukraine zurückkehren wird, ganz einfach, weil sich die Kontakte, die sie aufgebaut haben, auf allen möglichen Gebieten auszahlen werden.

Die AfD wird leider nicht so schnell verschwinden. Eine kluge Strategie kann sie aber auch im Osten Schritt für Schritt zurückdrängen. Dafür braucht es eine starke CDU, die einen anderen als den Kurs von Angela Merkel fährt.