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Warum ich einen institutionalisierten Islam in Europa ablehne- Teil 2

In Europa das Christentum zu kritisieren, bringt seit dem 18. Jahrhundert niemanden mehr in Lebensgefahr. Vereinzelt gibt es auf dem alten Kontinent noch christliche Fundamentalisten; politischen und gesellschaftlichen Einfluss haben sie nicht. Vom politischen Islam, der nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa – Stichwort Islamogauchisme – mit weiten Teilen der politischen Linken verbündet ist, kann man das nicht behaupten. Vor allem die Grünen, aber auch der linke Flügel der Sozialdemokraten forcieren im Übrigen auf Kosten liberaler und säkularer Muslime bzw. Migranten aus der islamischen Welt eine für die westliche Welt selbstmörderische Islampolitik. Man kann islamischen Fundamentalismus definieren, wie man will, doch das Beharren auf einer nicht durch die historisch-kritische Analyse entgifteten islamischen Traditionsliteratur vom Koran über die Lebensgeschichte des Propheten bis zu den Hadithen gehört zweifellos dazu. Ich bin mir nicht sicher, ob Lamya Kaddor, die früher gern die Wendung „historisch-kritisch“ im Munde führte, sich im Klaren darüber ist, was das bedeutet: Es heißt, die Historizität Mohammeds infrage zu stellen, die militante, nicht selten mörderische Eroberungsgeschichte des Islam aufzuarbeiten, so, wie das die christlich geprägten Europäer mit den Kreuzzügen und der Eroberung Amerikas seit der Zeit um 1500 getan haben, die Entstehungsgeschichte des Islam einschließlich seines Textkorpus in philologischer Kleinarbeit unter Einbezug des Aramäischen, durch archäologische Ausgrabungen und Artefakte wie Münzfunde (Numismatik), Inschriften (Epigraphik) u. a. auf Felsen, Steinen, Tafeln sowie eine umfassende kulturgeschichtliche Einordnung in die zeitgenössische Ereignis-, Religions- und Ideengeschichte der Region zu erforschen. So, wie an der Kotel, der Westmauer des einstigen Jerusalemer Tempels, und in der Jerusalemer Grabeskirche archäologische Untersuchungen stattfinden konnten, so müsste dies dann auch im Felsendom und in der Al-Aqsa-Moschee möglich sein.

Westliche Wissenschaftler haben mit der Erforschung der Frühgeschichte des Islam in den 1970/80er Jahren begonnen. Man denke an Bernard Lewis, Patricia Crone, Yehuda Nevo, Günter Lüling, Gerd R. Puin, Fred Donner. An Vorläufer dieser historisch-kritischen Forschung zum Islam, die mit Gelehrten wie Theodor Nöldeke oder Ignaz Goldziher im deutschsprachigen Raum eine bis ins 19. Jahrhundert zurückreichende Tradition aufweist, knüpft heute die Saarbrücker Schule der Islamwissenschaft mit ausgezeichneten Ergebnissen an (https://de.wikipedia.org/wiki/Saarbr%C3%BCcker_Schule). Möglich, dass Islamwissenschaftler – vor allem muslimischer Herkunft – inzwischen selbst im Westen Furcht davor haben, von Islamisten gemaßregelt oder ermordet zu werden. Verständlich ist auch, dass sich ihre Lust darauf, ihr Leben unter Polizeischutz verbringen zu müssen, nicht sonderlich ausgeprägt ist. Die Fälle des indischstämmigen Schriftstellers Salman Rushdie, des dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard und der ermordeten Redakteure von Charlie Hebdo ermutigen nicht dazu, dem Beispiel der Saarbrücker Schule zu folgen. Christoph Luxenberg (https://de.wikipedia.org/wiki/Christoph_Luxenberg), ein arabischer Christ und Sprachwissenschaftler, der ihr angehört, publizierte seine brillanten Forschungsergebnisse zur frühen Koranüberlieferung (https://www.youtube.com/watch?v=f-Jat_Hex4Y)

Im Jahr 2000 nicht grundlos unter Pseudonym. Es ist auch im Westen erlaubt zu glauben, dass der Allmächtige dem Analphabeten Mohammed den Koran via Eingebung übermittelt hat und Menschen bei seiner Abfassung so wenig ihre Hand im Spiel hatten wie Muslime beim Niedergang des Osmanischen Reichs und heute der islamischen Welt. Nur sollte man sich dann nicht mit Vokabeln wie „historisch-kritisch“ schmücken und müsste auch auf den Anspruch verzichten, eine der westlichen Religions- und Geschichtswissenschaft gleichrangige Forschungsarbeit zu leisten. Die islamische Traditionsliteratur nicht wegen ihrer mangelnden Faktizität und in ihrem historischen Wahrheitsgehalt anzweifeln zu wollen, wäre vergleichsweise so, als würden christliche Theologen und Historiker die Evangelien immer noch für bare Münze nehmen, Juden als Christusmörder ansehen, den nachweislich erfundenen Kindermord von Betlehem für eine geschichtliche Tatsache halten und die von den historisch-faktischen Gepflogenheiten entschieden abweichende, Juden be- und die Römer in Gestalt von Pontius Pilatus entlastende Schilderung des Prozederes der Verurteilung von Jeschua als historische Dokumentation betrachten. Doch selbst viele gläubige Christen, für die ihre Religion Privatsache ist, halten die Evangelien inzwischen für Tendenzberichterstattung und Juden nicht für Jesusmörder. Das ist noch nicht lange so und hat sich auch längst noch nicht unter allen Christen herumgesprochen, aber Anfänge dazu wurden schon vor Jahrzehnten gemacht.

Die Evangelisten, allesamt jüdisch, waren keine Chronisten. Sie verfügten über profunde Kenntnisse der hebräischen Bibel oder mindestens ihrer griechischen Übersetzung, an der sie ihre Darstellungen rückwirkend ausrichteten, verfolgten bei der Abfassung ihrer Texte eine religiös-weltanschauliche Agenda, verfuhren nach zeitgenössischen literarischen Konventionen, gebrauchten rhetorische Formeln und legten keinen Wert auf die Vermittlung von Fakten. Zur Zeit von Jeschua gab es zahllose jüdische Wanderlehrer wie ihn, etliche jüdische Reformbewegungen, die unter Bezug auf die Prophetentradition, die innerjüdische Selbstkritik, mit scharfen Worten den Jerusalemer Tempelkult und die Priesteraristokratie schmähten, und dazu noch eine Fülle jüdischer Gruppen, die die bedrückende römische Besatzung gewaltsam beseitigen wollten. Das antike Judentum war äußerst vielgestaltig und alles andere als einig darin, wie es sich der Römer erwehren sollte. Die Evangelisten teilten – auch mit Paulus, der seine Briefe wesentlich früher abfasste als sie ihre Geschichten –  die feste Überzeugung, in der Endzeit zu leben und glaubten an den unmittelbar bevorstehenden Weltuntergang, der mit der Wiederkunft des auferstandenen Jeschua eingeleitet werden würde, beabsichtigten nicht, eine neue Religion zu stiften und hatten erst recht nicht vor, eine zweitausendjährige Judenfeindschaft zu begründen, obwohl genau das durch ihre Darstellungen der angeblich den Kreuzestod von Jeschua fordernden Juden realiter geschehen ist. Wer wie Paulus damals glaubte, dass schon morgen die Welt untergeht, der legte selbst als geborener Jude keinen Wert mehr auf die Beschneidung, auf das Land und das Volk Israel. Es ist beinahe rührend, wie Paulus in der irrigen Annahme, Menschen zu retten, panisch der ganzen Welt die an Juden ergangene Verheißung anbot – Stichwort Universalisierung -, die ihnen das dadurch vergelten sollte, dass sie sich fortan statt ihrer als das „wahre Israel“ verstand, Juden ersetzen und sie deshalb vom Erdboden zu  tilgen strebte. Im deutschen Protestantismus erneuerte man die alte Formel vom „wahren“ oder „neuen Israel“, die dann dem Geist nach die Moderne prägte. Knapp ein halbes Jahrtausend nach Entstehung des Christentums werden Muslime als die „wahren Gläubigen“ ein ähnliches Spiel aufführen, diesmal nicht nur mit Juden, sondern auch mit Christen. Die zentrale Forschungshypothese der Saarbrücker Schule, die durch philologische Untersuchungen des Korans (Lüling, Puin, Luxenberg), Münzfunde (Volker Popp), Felsinschriften (Nevo), die Änderung der Gebetsrichtung von Jerusalem nach Mekka und die Hinweise auf die geografische Umgebung (Crone, vgl. die Dokumentation „Islam, the untold story“ von Tom Holland aus dem Jahr 2012 https://www.youtube.com/watch?v=K2JdTrZO1To) gestützt wird, besagt, dass die islamische Frühzeit eine christliche gewesen ist. Sie kann sich nicht im Hedschas ereignet haben, weil es im Koran Landwirtschaft, Olivenbäume und Weinstöcke gibt, die in Mekka nicht zu finden sind, aber in Syrien oder Jordanien. Militante arabische Christen haben vielmehr ihre Vorstellung vom Monotheismus gegen das trinitarische Modell der byzantinischen Kirche (Dreifaltigkeit) durchgesetzt. Der zunehmend komplizierter gewordene innerchristliche Streit um das menschliche und/oder göttliche Wesen der Christus-Figur Jesus (Christologie) konnte dadurch aufgelöst werden. Die Feindseligkeiten gegen Christen im Koran richteten sich gegen die Byzantiner und die viel grundsätzlichere Feindseligkeit gegenüber Juden entsprach jener der frühen Kirche. Nach dieser Auffassung sind „Mohammed“, der „Gepriesene“, oder „Abdullah“, „Gottesknecht“, keine Personennamen, sondern Prädikate und Attribute für Jesus Christus, die in liturgischen Texten arabischer Christen häufig sind.  Ob sich diese plausibel erscheinenden Thesen halten lassen, werden weitere Forschungen erweisen. Es wäre schon viel gewonnen, wenn sie sich mit dem Großteil der Islamwissenschaftler öffentlich debattieren ließen, ohne dass deshalb irgendwer um sein Leben fürchten müsste. Dass der Koran voller biblischer Gestalten steckt, ist offenkundig. Und dass Abraham der Stammvater und Moses ein Vorläufer arabischer Muslime sein soll und sie das einfach nur über eintausend Jahre vergessen hatten … Bitte, welcher aufgeklärte Mensch soll das im 21. Jahrhundert noch glauben?

Zurück ins Jerusalem am Beginn des 1. Jahrhunderts. Die Todesstrafe konnten dort damals ausschließlich die Römer verhängen und vollstrecken. Die Kreuzigung war eine spezifisch römische, bestialische Hinrichtungsart für nichtrömische Aufrührer und Sklaven. Pontius Pilatus hat Tausende Juden kreuzigen lassen, von denen einer vielleicht Jesus von Nazaret gewesen ist, und wurde wegen seiner grausamen Amtsführung später vom römischen Kaiser abberufen. Dass sich Pilatus in seinen Entscheidungen und Urteilsfindungen von den religiösen Autoritäten der einheimischen Juden, gar vom jüdischen Volk, das in seinen Augen zweit- bis drittrangiger Pöbel gewesen sein dürfte, beeinflusst haben lassen sollte, ist eine durch und durch ahistorische, absurde Vorstellung, auch wenn die Evangelisten als Apologeten einer der Streitparteien im innerjüdischen Konflikt genau das ihre Leser glauben machen wollten. Wären schriftliche Zeugnisse ihrer damaligen Gegner, von Kaiphas, Tempelpriestern, Schriftgelehrten, Toralehrern etc. überliefert, würde sich ein anderes Bild ergeben. Die Evangelisten schrieben ihre Texte, die von späteren Redakteuren verschiedentlich interpoliert wurden, 50 bis 90 Jahre nach den darin geschilderten Ereignissen mit dem Wissen um die Niederschlagung des jüdischen Aufstands, der Zerstörung Jerusalems und des Zweiten Tempels durch die Römer 70 n. Chr. und waren bestrebt, ihre Darstellungen wie erfüllte Prophezeiungen erscheinen zu lassen. Mit Jesus, der sich erklärtermaßen ausschließlich an Juden richtete, hatte das nicht mehr viel zu tun. Kurzum, die Römer haben Jesus getötet, um mögliche Unruhen und das Aufbegehren gegen ihre Herrschaft im Keim zu ersticken. Das ist der heute unumstrittene Forschungsstand der mit der Thematik befassten Wissenschaftler. Einen konkreten innerjüdischen Konflikt mit seinen konkreten Bedingungen der römischen Besatzungsmacht, die das jüdische Volk seiner Freiheit und Souveränität beraubt hatte, ins Abstrakt-Grundsätzliche und Universalistische gewendet und damit in seiner Bedeutung verzerrt zu haben, war Kern der kirchlichen Lehre.

Unter Philologen, Historikern, Archäologen, Numismatikern, Theologen und Judaisten, die mindestens Hebräisch, Aramäisch, Altgriechisch und Latein lesen und verstehen können müssen, herrscht seit vielen Jahrzehnten Konsens darüber, dass die Evangelien keine historischen Quellen, sondern ausgesprochen parteiische Fiktionen sind. Für entsprechende Äußerungen, Befunde und das Anzweifeln der Inhalte des Neuen Testaments riskiert heute niemand mehr sein Leben, auch dann nicht, wenn Jesus oder der Allmächtige höchstselbst verhöhnt, verspottet, erniedrigt, beleidigt oder zum Gegenstand von Karikaturen werden. Weder bissiger Spott und respektlose Geschmacklosigkeiten noch die historisch-kritische Forschung und die Frage nach der Historizität von Jesus haben die „Axt an den Glauben gelegt“, um eine geläufige islamisch-fundamentalistische Abwehrformel zu gebrauchen, wenn es um die Frage nach der Historizität Mohammeds geht.

Soweit man das als Nichtchrist beurteilen kann, fallen Christen allerdings nicht vom Glauben ab oder verlassen die Kirchen, weil es historisch-kritische Forschung zum Christentum gibt, sondern vermutlich aus anderen Gründen: Erstens wegen der vielen nur unzulänglich aufgearbeiteten Missbrauchsskandale; zweitens, weil viele Kirchenvertreter in der jüngeren Vergangenheit wie linke Parteifunktionäre auftraten und tagespolitische Themen wie die Flüchtlingskrise oder der Klimawandel nicht mehr nur die Kirchentage, sondern auch die Gottesdienste und die Gemeindearbeit beherrschen, womit sie auf Kosten von Fragen zur spirituellen Bewältigung des Lebensalltags ihrer Mitglieder unzulässig politisiert wurden, und weil das drittens den Effekt hatte, dass Handlungsfelder der Politik radikal moralisiert wurden.

Am deutlichsten zeigte sich der Moralismus in der Politik bei prominenten Grünen-Politikern wie Annalena Baerbock oder Robert Habeck, machte sich aber auch unter Sozialdemokraten und innerhalb der Merkel-CDU bemerkbar. Kurz, Gesinnungsethik ersetzte die Verantwortungsethik, um Webersche Kategorien zu bemühen. Den Bedeutungsverlust der Kirchen in Deutschland wie überall in Europa kompensierten viele Kirchenfunktionäre und Pfarrer parallel zu Politikern fast aller Parteien mit einer Fürsprache und Integrationsbereitschaft gegenüber den Islam. Es gehören aber eingewanderte Muslime, Agnostiker, Atheisten und Religionskritiker aus islamisch geprägten Ländern zu Deutschland und nicht der Islam. Dafür gibt es mehrere gute Gründe:

Erstens entstand der politisch-juristische Westen, wie der Historiker Heinrich-August Winkler gezeigt hat, gerade aus dem Kampf religiöser und weltlicher Mächte um politische Vorrechte (Investiturstreit) im lateinischen Mittelalter, der über die Jahrhunderte zur Trennung beider Sphären voneinander führte. Das – und nicht die Verbreitung des Atheismus ab dem 18. Jahrhundert – ist mit dem Prozess der Säkularisierung (Verweltlichung) gemeint. Im griechischen und slawischen Osten konnte es zu einem solchen Kampf gar nicht erst kommen, weil dort die Kirche der weltlichen Herrschaft von Anfang an untergeordnet gewesen ist. In der islamischen Welt konnte es einen solchen Kampf erst recht nicht geben, weil der Islam die religiöse, politische, rechtliche, militärische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Macht und Herrschaft per definitionem und von Anfang an in einer Hand vereinte, regional entweder in der eines Kalifen, eines Sultans oder eines Emirs. Im Unterschied zu Jesus war der Prophet Mohammed alles in einer Person: religiöses Oberhaupt, oberster Richter, Kriegsführer und Wirtschaftsführer. Um die Türkei in einen modernen Staat umzuwandeln, hatte Atatürk nicht zufällig Kalifat und Sultanat abgeschafft, eine der Regierung untergeordnete Religionsbehörde eingerichtet und – ähnlich wie im französischen Laizismus – Staat und Religion strikt voneinander getrennt. Inzwischen sind mit Ausnahme von Gottesstaaten wie dem gegenwärtigen Iran in fast der gesamten islamischen Welt Staat und Religion voneinander geschieden. Doch sind beide entweder wie in den arabischen Monarchien zur Herrschaftslegitimation aufeinander angewiesen oder aber spielen wie in den ehemaligen Militärdiktaturen (u. a. Ägypten, Syrien, Irak) manchmal vor-, manchmal hintergründiger ineinander, weil die Gesellschaft und die Sozialisation ihrer Mitglieder nach wie vor stark islamisiert sind, ohne dass es jemals einen Prozess der Aufklärung wie in Europa gegeben hätte. Die Trennung zwischen Staat und Religion gehört aber zu den Gründungsfaktoren und zur festen Säule des Westens, der ohne sie zusammenbräche. Es gibt in der islamischen Welt keine Tradition des Humanismus, die in der Gottesebenbildlichkeit und den zehn Geboten der hebräischen Bibel ihren ersten Ursprung hat, im menschengemachten Recht der Griechen und Römer eine zweite Quelle fand, sich in den mittelalterlichen Stadtverwaltungen und ihrer Rechtssprechung institutionalisierte und schließlich in den Verfassungen von Ländern und Staaten gipfelte. Dass die bis heute immer aufs Neue tradierte Judenfeindschaft, die schließlich zum Holocaust geführt hatte, dem europäischen Humanismus widerspricht, ist dabei eine zu wenig beachtete Tatsache. .
Zweitens bemühen sich in Deutschland liberale Politiker und Stiftungen seit mehreren Jahrzehnten darum, die Privilegien der Kirchen abzuschaffen, über die sie aus historischen Gründen seit 1919 durch Staatsverträge verfügen. Sie dem Islam zu gewähren, ergäbe keinen Sinn, weil zum einen die historischen Gründe für Staatsverträge mit Muslimen fehlen und weil es zum anderen bedeuten würde, den Islam vor allen anderen eingewanderten Religionsgemeinschaften (u. a. Buddhismus, Hinduismus) zu bevorzugen. Hinzu kommt, dass der Islam im Koran den Anspruch erhebt, Judentum und Christentum zu ersetzen, zur Distanzierung von Juden und Christen und sogar zur Gewalt gegen sie aufruft, weil sie als Ungläubige betrachtet werden.
Drittens wäre die Forderung, Judentum und Christentum in den 57 islamisch dominierten Ländern dieser Erde institutionell verankern zu wollen, ziemlich befremdlich. Warum sollte die umgekehrte Forderung, den Islam in christlich dominierten Ländern zu forcieren, das nicht ebenso sein?

Dass die Europäer, erst recht die Deutschen, unisono islamfeindlich wären, ist ein islamistischer Propagandavorwurf, der seit Gründung der Muslimbrüder 1928 die Runde macht. Die mittelalterlichen Kreuzzüge betrafen Jerusalem als vermeintlichen, tatsächlich nur theologischen Entstehungsort des Christentums und waren eine Folge der Hilferufe des durch die Eroberungen der Araber in Bedrängnis geratenen Byzanz. Es ging nicht darum, Muslime nicht einfach Muslime sein zu lassen. Es gibt in der christlichen Traditionsliteratur massive Judenfeindschaft, aber naturgemäß keine Feindschaft gegenüber Muslimen – die damals noch gar nicht existierten -, die sich in der abendländischen Kultur und Kunst – ähnlich wie die Judenfeindschaft – hätte bewusst und unbewusst tradieren lassen. Sämtliche Aversionen gegen Muslime und den Islam entstanden aus realen Konflikten, sei es die Sperrung der Pilgerwege nach Jerusalem und die Ermordung christlicher Pilger, sei es die militärische Eroberung des späteren Spaniens durch Muslime, die zur jahrhundertelangen Reconquista führte, sei es die Eroberung von Byzanz, schließlich Konstantinopels durch Araber und Osmanen, der Besetzung weiter Teile Südosteuropas – u. a. Bosnien, Griechenland, bulgarien – und die zweimalige, glücklicherweise gescheiterte Belagerungen Wiens 1529 und 1683 durch die Osmanen sowie die dreihundertjährige islamische Barbaresken-Piraterie im westlichen Mittelmeerraum, die bis an die nordeuropäischen Küsten vordrang, Schiffsbesatzungen und Reisende versklavte, die See- und Handelswege blockierte und die erst durch die Besetzung Algeriens durch Frankreich 1830 ein Ende fand. Auch die Besetzung Ägyptens durch Franzosen und Briten, die nicht zu rechtfertigen ist, hatte ihren Grund nicht einer diffusen Feindseligkeit gegenüber Muslimen und dem Islam, sondern in der maßlosen Verschuldung des Landes durch ihre Herrscher. Franzosen und Briten hätten das Osmanische Reich im Ersten Weltkrieg niemals besetzt, hätte die damalige türkische Regierung nicht im Bündnis mit dem deutschen und dem habsburgischen Kaiserreich zuvor gegen sie Krieg geführt, nach dem Sieg auch nie ein zwanzigjähriges Völkerbundmandat erhalten und die Grenzen der Nachfolgestaaten Syrien, Libanon, Irak oder Jordanien bestimmt, wenn die dortige Bevölkerung in der Lage gewesen wäre, einen eigenen Staatsapparat und eine eigene Verwaltung aufzubauen, Strukturen, die dort überhaupt nicht existierten. Ob es besser gewesen wäre, die einstigen osmanischen Provinzen nach der Kriegsniederlage und dem Zerfall des Osmanischen Reichs sich selbst zu überlassen, sei dahingestellt. Die spätere Entwicklung vieler dieser Staaten legt allerdings nahe, dass in diesem Fall Bürgerkriege die Folge gewesen wären und sehr viel früher Extremisten und Diktatoren an die Macht gelangt wären.

Religion ist in Deutschland Privatsache und sollte dies auch bleiben. Weihnachten, Ostern und andere Feiertage gehören zu einer jahrhundertelangen kulturellen Tradition, die sich längst verweltlicht hat und an der Andersgläubige ohne weiteres teilnehmen können. Ostern ist schwierig, weil für die Kreuzigung von Jesus fast zweitausend Jahre lang Juden verantwortlich gemacht wurden und das in den musikalisch grandiosen Passionen der Barockzeit im Libretto ebenfalls geschehen ist. Seit Aufkommen der Ritualmordlegenden im 12. Jahrhundert waren Juden besonders um die Pessachzeit, aber auch jenseits von ihr durch solche Blutbeschuldigungen – die es vereinzelt im Nahen Osten schon in der Antike und Spätantike gegeben hat – an Leib und Leben gefährdet. Sieht man vom Pogrom in Kielce 1946 ab, war es mit solchen Ritualmordlegenden nach dem Holocaust in Europa vorbei. Im Nahen Osten dagegen lebte sie im Zuge der Propaganda gegen Juden und Israel in Zeitungen, Büchern, Filmen und der Hassformel vom „Kindermörder Israel“ auf. Der entscheidende Faktor im viel beschworenen Nahost-Konflikt war von Anfang an und ist bis heute der Islamismus bzw. der islamische Fundamentalismus. Der islamische Juden- und Israelhass verbunden mit dem Fehlen einer jeglichen Skepsis und Bereitschaft, die islamische Traditionsliteratur infrage zu stellen, sind zwei miteinander zusammenhängenden Probleme, die sich in Deutschland und ganz Europa seit der Flüchtlingskrise 2015/16 exorbitant verschärft haben. Würde der Islam „institutionell“ auch noch „verankern“, ohne dass er einer bereits zuvor erfolgten historisch-kritischen Analyse unterzogen worden wäre, würde das weitreichende Einschränkungen der verbürgten Grund- und Bürgerrechte in den liberalen Demokratien Europas nach sich ziehen. Die Ermordung der Redakteure von „Charlie Hebdo“ und die Schlächterei im Bataclan 2015 war nur einer der traurigen Höhepunkte islamistischen Terrors vor zehn Jahren. Im Oktober 2020 schlachtete ein Islamist in einem Pariser Vorort den Lehrer Samuel Paty ab, der seinen Schülern die Grundlagen der für liberale Demokratien so essentiellen Meinungsfreiheit erklärt hatte. Warum nur wenige begriffen haben, dass der Terroranschlag der Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel mit den vielen Morden in den Kibbuzim und auf dem Nova-Musikfestival ein Menetekel für die christlich geprägte westliche Zivilisation ist, hat seinen Grund im geradezu selbstmörderischen Verkennen des Nahost-Konflikts. Wie wurde wohl der einstmals überwiegend von Christen bewohnte, malerische und prosperierende Libanon zu einem von einer aus dem Iran gesteuerten Terrororganisation Hisbollah beherrschten, heruntergewirtschafteten faile state? In Deutschland gibt es täglich mörderische Messerattacken und Vergewaltigungen und seit 2015 zu viele tote Kinder, Jugendliche, Frauen, Männer, die Opfer frustrierter junger gewaltbereiter, meist abgelehnter Asylbewerber, von denen einige – wie der syrische Totschläger von Bad Oeynhausen oder der afghanische Mörder, der eine Mutter und ihre kleine Tochter im Februar in München totfuhr –  sogar integriert waren. Es ist nicht kalkulierbar, ob und wie sich massenhaft zugewanderte Muslime mit den Grundlagen westlicher Gesellschaften mit ihrer Gleichberechtigung von Frau und Mann, dem staatlichen Gewaltmonopol, der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit zurechtfinden, ob sie ihr Fundament akzeptieren und respektieren, zumal sie der Koran lehrt, dass sie Juden und Christen überlegen sind und ihnen gegenüber Vorrechte besitzen (so führen sich einige der jungen, gewaltbereiten männlichen  Zuwanderer aus Syrien, dem Irak und Afghanistan auf). In der politischen Linken, die den Westen genauso verachtet und hasst,  wie das einst die Nationalsozialisten taten, haben Muslime seit dem Aufkommen der Dritte Welt-Ideologie in den 1970er Jahren enge Verbündete, wie nicht nur die – was für ein Glück – abtretende Innenministerin Nancy Faeser, sondern auch einige Universitätspräsidentinnen und deutsche Universitäten überhaupt nach dem 7. Oktober bewiesen haben.

2029 wird das iranische Mullah-Regime (übrigens anfangs auch mit linken Verbündeten) die Iraner ein halbes Jahrhundert lang unterdrückt haben. Fast solange beherrscht die Hisbollah den einst mehrheitlich christlich bewohnten Libanon, die das heute nur deshalb nicht mehr im gleichen Ausmaß tun kann, weil die sich gegen ihre Raketenangriffe wehrenden Israelis die Führung der Terrormiliz ausgeschaltet und ihre Waffenlager dezimiert hat. Vier, fünf Jahrzehnte sind für Europäer eine sehr lange Zeit.