Wie kommt es, dass Worte wie „Nazi“ oder „Faschist“ Journalisten wie Parteipolitikern für heute lebende Menschen so locker von der Zunge gehen? Warum fliegen Leute wie Theveßen, Hayali, Brockschmidt, Böhmermann, Reschke et al nicht hochkant aus ihren Positionen in den öffentlich-rechtlichen Sendern, nachdem sie nachweislich deren Auftrag aus den Staatsverträgen wieder und wieder verletzt haben? In welcher Welt leben diese Leute?
Der ZDF-Washington-Korrespondent Theveßen verbreitet nicht erst seit dem politischen Mord an Charlie Kirk Falschinformationen, handfeste Lügen und Verleumdungen über die Vereinigten Staaten, die aktuelle US-Regierung und ihr konservatives Personal. Das tut er gern mit direkten und indirekten Vergleichen. Theveßen nennt die amerikanische Administration faschistisch und zieht das Dritte Reich heran – angeblich habe sich Theveßen unausgesprochen auf den NS-Kronjuristen Carl Schmitt bezogen, der im Übrigen auch schwer bei Linksextremisten in der Gunst steht -, um den jüdischen Trump-Berater Stephen Miller zu charakterisieren. Abgesehen davon, dass sich diese Qualifikationen verbieten, weil sie dämonisieren, unhistorisch und verleumderisch sind, haben sie in einer faktenorientierten und sachlichen Berichterstattung nichts zu suchen. Mit journalistischen Standards und dem Handwerk eines öffentlich-rechtlichen Korrespondenten lässt sich dergleichen nicht vereinbaren. Das ZDF hätte deshalb längst gut daran getan, Theveßen auszutauschen, da er die Zuschauer nicht sachlich informiert, sondern Meinungen und Fakten mischt. Wenn die Trump-Administration jetzt mit einem Visa-Entzug droht, mag das überzogen erscheinen, aber mit einer Verletzung von Presse- und Meinungsfreiheit hat das wenig zu tun, weil selbst die freie Rede weder Verleumdungen noch nachweislich falsche Tatsachenbehauptungen deckt. Unabhängig davon, ob Machtkonzentration und Aushöhlung der Gewaltenteilung durch die Trump-Administration realiter bereits gegeben sind oder eine Befürchtung darstellen. Theveßen steht mit seinen Projektionen einer offenkundig nicht verarbeiteten deutschen Geschichte in einer unguten Tradition. Sie reicht von Baldur von Schirachs raffinierter Verteidigungsstrategie beim Nürnberger Prozess, Henry Fords Buchpublikation „Der internationale Jude“ (1922) für den NS-Judenhass in Deutschland verantwortlich zu machen über Stalins Praxis, jede Opposition als „Faschismus“ zu brandmarken, und Georgi Dimitroffs Faschismus-Definition, wonach sich der Faschismus zwangsläufig aus dem Kapitalismus bzw. der Marktwirtschaft ergeben würde – daher auch die im Ostblock geläufige Bezeichnung „Hitlerfaschismus“ – bis hin zur westdeutschen Studentenbewegung. Was die Judenfeindschaft im Westen von jener in Hitlerdeutschland und im Ostblock sowie in einigen arabischen Staaten grundlegend voneinander unterscheidet, ist, dass sie dort nicht staatlich organisiert und gestützt, sondern offiziell verpönt wird, während sie hier in Gestalt der Israelfeindschaft gezielt erzeugt, gesteuert und verbreitet wurde. In den 1920er Jahren waren es vor allem Nazis, Deutschnationale und manchmal Kommunisten, die sich offen zu ihrem Antisemitismus bekannten (https://www.youtube.com/watch?v=yADnuCBaszY), wohingegen heute eine offene Israelfeindschaft aus der Mitte der Gesellschaft kommt, aus öffentlich-rechtlichen Medien, aus dem Universitäts-, Kultur- und Kunstbetrieb, aus linken Parteien, teils aus der AfD und aus NGOs, wobei vehement bestritten wird, dass es sich überhaupt um antisemitische Ressentiments handele. Antisemitismus und Antiamerikanismus sind eng miteinander verschränkt, weil die Vereinigten Staaten im 20. Jahrhundert von Nazideutschland, der Sowjetunion und dem Ostblock, von den Staaten des arabischen Sozialismus und dem politischen Islam, sei es dem der Muslimbrüder oder dem Ayatollah Chomeinis und des Mullah-Regimes im Iran als Inbild von Kapitalismus, Wirtschafts- und Gesellschaftsliberalismus, von Demokratie, Bürger- und Menschenrechten, Macht, Geld und Einfluss angesehen werden. Deutschland ist wegen der Nazi-Herrschaft, der DDR und der Neuen Linken in der Bundesrepublik doppelt und dreifach davon betroffen. Woher Elmar Theveßen seinen Amerikahass bezogen hat, muss offen bleiben, auch wenn Indizien wie sein Aufwachsen in Westdeutschland dafür sprechen, dass entweder sein Elternhaus oder linke Lehrer dabei eine Rolle spielten.
Die Parole „USA-SA-SS“ skandierten Studenten auf ihren Demos Ende der sechziger Jahre im Westen. Immerhin gebrauchten sie nicht das Wort „Faschismus“, mit dem sie sich gewöhnlich aus ihrer Geschichte und der ihrer Eltern stahlen. Der Faschismus war ein europäisches Phänomen der Zwischenkriegszeit, der Nationalsozialismus aber ein spezifisch deutsches. Faschismus und Nationalsozialismus auf die Vereinigten Staaten zu projizieren, wie es Theveßen, Hayali, Brockschmidt et al immer wieder kontrafaktisch getan haben,
war in Deutschland seit 1945 viel geübte Praxis. Dass die Kinder und Enkel der Studentenbewegung in Deutschland diese Praxis übernommen haben, hängt mit beidem zusammen: die in den Familien eben nicht verarbeitete Mittäterschaft und Anpassung im Nationalsozialismus, die im oft nahtlosen Überwechseln zur kollektiven Gemeinschaftsideologie des eben nur vermeintlichen Gegners und Siegers des Zweiten Weltkriegs, der Sowjetunion und des Kommunismus, zum Ausdruck kam. Im Grunde vollziehen die westdeutschen Enkel und Urenkel heute nur das, was die Ostdeutschen 1945 taten: Man könnte es boshaft die 360-Grad-Wende der Annalena Baerbock nennen, denn die Sowjetunion unter Stalin war bis zum Überfall Nazi-Deutschlands 1941 durch den Hitler-Stalin-Pakt Partner und eben nicht Gegner des „Hitlerfaschismus“ und hätte es ohne die materielle Hilfe Großbritanniens und der Vereinigten Staaten auch gar nicht vermocht, die Wehrmacht alleine zu besiegen. Wie die Deutschen in der DDR machte sich die Neue Linke im Westen Illusionen, indem sie die Mitverantwortung der Kommunisten – und durch Anpassung an die Nazis nach 1933 in gewisser Weise aller Linken einschließlich der SPD – am Sturz der Weimarer Republik leugnete und nach 1945 faktenwidrig zu einem nachträglichen Sieg umdeutete, der, wie gesagt, ohne den Westen unmöglich gewesen wäre. Kurt Schumacher, der erste SPD-Chef nach 1945, der allerdings sowohl die Westbindung der Bundesrepublik als auch Amerika ablehnte, sprach von den Kommunisten schon in den 1920/30er Jahren als den „rotlackierten Faschisten“, starb unter anderem an den Folgen seiner 12-jährigen KZ-Haft bereits 1952. Es gab jedoch noch lange die Herbert Wehners und Margarete Buber-Neumanns, die den jungen Linksradikalen bei den Sozialdemokraten reinen Wein über die Natur des Kommunismus und den verlogenen Antifaschismus einschenken können.
Als der Ostblock 1989 implodierte und kollabierte mussten sich die Ostdeutschen ändern, anpassen und ihre Weltsicht neu justieren. Der linke Flügel der Sozialdemokraten und die Grünen im Westen mussten das nicht tun und ohne Anstoß von Außen wird in der Regel niemand klüger. Die Konfusion begann nicht nach 1989, sondern nach 1945 und dabei jagte eine Projektion die andere.
Zur Erinnerung: Ulrike Meinhofs 1940 verstorbener Vater war NSDAP-Mitglied und ihre Pflegemutter Renate Riemeck, die nach 1945 der SPD beitrat, zeitweise ebenfalls. Riemecks Pflegetochter trat der KPD bei und unterhielt zeit ihres Lebens beste Beziehungen zur SED. Ausgerechnet in Franz Josef Strauß, der zwar ein Rechter, aber nie Nationalsozialist gewesen war und Israel unterstützte, suchte Meinhof den inneren Hitler. Meinhof sah Israelis als Faschisten an und verglich sie mit Himmler, feierte das Münchner Olympia-Attentat auf israelische Sportler 1972 und betrachtete Palästinenser, deren Führer Mohammed Amin al-Husseini in Nazi-Deutschland eng mit Hitler, Himmler und Eichmann kooperiert hatte, als die ultimativen Weltrevolutionäre und Widerstandskämpfer. Die politisch-ideologische Konfusion, die für einen nicht geringen Teil der akademisch ausgebildeten Jugend der sechziger und siebziger Jahre in der Bundesrepublik typisch war, ist greifbar. Und dies nicht nur bei Radikalen und Extremisten. Die Sozialdemokratin Herta Däubler-Gmelin wurde 1943 in Bratislava geboren und ihr Vater Hans Gmelin, der nach 1945 jahrelang Tübinger Oberbürgermeister gewesen ist, war ein hoher NSDAP-Funktionär, NS-Gesandtschaftsrat in der Slowakei und dort in die Deportationen slowakischer Juden verwickelt. Nimmt es Wunder, dass seine Tochter ausgerechnet bei George W. Bush Praktiken des NS-Regimes entdeckte und bis heute fast schon obsessiv die Vereinigten Staaten und Israel „kritisiert“? Der Vater des jahrzehntelangen Grünen-Funktionärs Jürgen Trittin war einer von hunderttausenden SS-Männer und sein Sohn später Mitglied des Kommunistischen Bundes, der zwar nicht mehr die Sowjetunion bekämpfte, aber dafür den Kampf gegen Amerikaner fortsetzte. Von Günter Grass und der Gruppe 47, die 1967 zum Feindbild der Studenten wurden, ganz zu schweigen. Die 68er kann man bis zu einem gewissen Grad verstehen, weil sie aufgrund der Elitenkontinuität – der zweiten Schuld, wie Ralph Giordano das treffend nannte – tatsächlich von Nazis umgeben waren, in den Familien, in der Schule, an der Universität, bei der Polizei, in den Behörden.
Und wenn die 68er Lehrer und Professoren wurden, sich aber nicht irgendwann mit ihrer individuellen Flucht vor dem Mittun ihrer Elternhäuser auseinandersetzten, gaben sie die emotionale wie gedankliche Unaufgeräumtheit und Schuldabwehr an die nächste Generation weiter, die jene der van Akens, Restles, Augsteins, Prechts, Pausens, Reschkes, Faesers, Theveßens usw. ist. Die war dann noch radikaler, wirklichkeitsfremder und dachte noch entschiedener in stereotypen Schablonen. Das muss einen Grund haben und der lässt sich bei den Extremisten unter den Linken leichter fassen, als bei den moderateren. Die nach dem Suizid Meinhofs in Stammheim verbliebenen RAF-Gründer Andreas Baader, Gudrun Ensslin et al begingen 1977 Selbstmord, nachdem die Flugzeugentführung und Geiselnahme durch palästinensische Terroristen in Mogadischu von einer deutschen Polizeispezialeinheit beendet worden war. Je erfolg- und aussichtsloser der linksextreme und arabisch-palästinensische Terror war, desto mörderischer wurde er. Das zeigte sich nicht nur beim Olympia-Attentat des „Schwarzen September“ 1972 und beim RAF-Terroranschlag auf die deutsche Botschaft in Stockholm, sondern in den achtziger und frühen neunziger Jahren durch die gezielten Ermordungen von Menschen. Ähnliches lässt sich bei den Rechtsextremisten der Neunziger im Osten feststellen: Das thüringische NSU-Mördertrio, das in den Nullerjahren gezielt vor allem türkische Einwanderer erschoss, war der Gipfel der Baseballschlägerjahre in den damals neuen Bundesländern.
Gleichzeitig erfanden linke Ideologen in den 1980er Jahren immer neue vermeintliche Ungerechtigkeiten, um den vermeintlichen Kampf der Guten gegen das Böse nicht aufgeben zu müssen. Eine Alternative wäre es gewesen, zur Besinnung zu kommen und sich auf historischer wie aktueller Faktenlage neu zu erfinden. Statt dessen schlüsselten sie Verletzlichkeiten und Benachteiligungen im Westen nach exakt den gleichen Kriterien von Kollektivität, Ethnie, Haut-, Haar- und Augenfarbe oder besser „Rasse“, sozialem Status oder besser „Klasse“, Geschlecht, Religion, Behinderung etc.pp auf, die das 19. und die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zum Maßstab erhoben hatte. In die Welt der späten neunziger und Nullerjahre passte das nicht mehr. „Progressiv“ kann man den fortgesetzten Kampf und seine Protagonisten beim besten Willen nicht nennen. Nun gab es im Westen – und gibt es fallweise nach wie vor – Benachteiligungen, die aber längst peu á peu durch Gewerkschaftskämpfe, die zweite Frauenbewegung, Behindertengruppen etc. abgebaut worden waren und Individuen können sich dank gesetzlicher Regelungen dagegen juristisch wehren. Dass die Neue Linke teilweise die Agenda der Sowjetunion und des Ostblocks übernommen und in ihrem antiwestlichen Furor in den siebziger Jahren auf Migrantengruppen, den globalen Süden etc. übertragen hatte, womit sie eine extreme Verzerrung der Wirklichkeit einleitete, kam ihr gar nicht erst in den Sinn. Das aber war der Grund ihrer Regression, in dessen Verlauf sie sich immer weiter ins wilhelminische Kaiserreich und teilweise sogar ins Dritte Reich zurückbegab. Am deutlichsten wurde das bei ihrer Israelfeindschaft und Palästinasolidarität, die mit der Abwehr eines US-Imperialismus einherging, die den der Sowjetunion geflissentlich ausblendete, beim nur noch imaginären Kampf gegen den europäischen Kolonialismus und gegen einen abstrakten Faschismus, der in seiner historischen Form nirgends mehr existierte. Mit dem Faschismus-Begriff verabschiedete sich schon die Neue Linke aus der deutschen Geschichte.
Es ist ein sich hartnäckig haltender Mythos, dass die 68er die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus begonnen und intensiv vorangetrieben hätte. In der Bundesrepublik selbst kam dieses Verdienst außer jüdischen Remigranten wie Joseph Wulf, Ernst Fraenkel, Richard Löwenthal oder dem hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer gemeinsam mit jüngeren Staatsanwälten der Flakhelfer-Generation, aber auch Historikern und Politologen wie dem 1922 in einer linksliberalen Familie geborenen Karl Dietrich Bracher zu. Götz Aly ist – sieht man von ein paar Jahre Jüngeren wie Ulrich Herbert ab – der einzige namhafte NS-Historiker der 68er-Generation. Anstatt sein Buch „Unser Kampf“ (2008) in Bausch und Bogen zu verwerfen, hätten seine früheren Mitstreiter es zum Anlass einer Entmythisierung und kritischen Bestandsaufnahme diskutieren können, weil die Parallelen zwischen den 1933ern und den 1968ern rückblickend nicht nur ihm aufgefallen waren, sondern in Echtzeit schon den Professoren Fraenkel und Löwenthal an der Freien Universität, die sahen, wie romantisch verbrämt und rückwärtsgewandt die Vorstellungen der Studenten in den späten sechziger Jahren waren. Ihre empirischen Arbeiten und nicht die von Adorno und Horkheimer etablierte „Kritische Theorie“, die auf bemerkenswert unreflektiert gebliebenen marxistischen und psychoanalytischen Prämissen fußten, hätten ihnen bei der Auseinandersetzung mit den konkreten geschichtlichen Fakten des Dritten Reiches und der NS-Judenfeindschaft weiterhelfen können. Adorno/Horkheimer hätten sie ja, wenn einmal das unerlässliche Faktenwissen gesessen hätte, zur ergänzenden geschichtsphilosophischen Deutung heranziehen können, aber als Grundlage für den Umgang mit der NS-Zeit taugte die im Hinblick auf den Marxismus-Leninismus erstaunlich unkritische „Kritische Theorie“ wenig. Nicht nur die 68er, sondern auch die nachfolgenden Generationen waren und sind historisch schlicht dumm. Und selbst wenn sie die Eckdaten der NS-Zeit zumindest rudimentär kennen, so fehlt ihnen in der Regel das konkrete Geschichtswissen seit Lenins Oktoberputsch einschließlich der Grausamkeiten, Massenmorde und Attentate, die von linker Seite verübt worden sind. Es genügt, kurz in „Lanz und Precht“ hineinzuhören, um sich von der historischen und aktuellen Ahnungslosigkeit eines Richard David Precht zu überzeugen.
Precht fällt kein von den Roten Brigaden 1978 ermordeter Aldo Moro ein, kein einziger RAF-Mord zwischen 1972 und 1998: kein Siegfried Buback, kein Hanns Martin Schleyer, kein Gerold von Braunmühl, kein Detlev Rohwedder, um nur vier ihrer über dreißig Mordopfer zu nennen. Der Mann glaubt allen Ernstes, die Welt hätte es heute mit einem rechtsreaktionären Roll-back gegen eine progressive – sprich: fortschrittliche – Linke zu tun, obwohl die Neue Linke schon in den sechziger Jahren auf einen nicht nur abgestandenen, sondern empirisch längst gescheiterten politisch-ideologischen Ideenhaushalt zurückgriff, sprich: weder jemals fortschrittlich gewesen ist noch es jemals sein wird, was ihr die Zeitgenossen der beiden großen antiwestlichen Bewegungen des Faschismus/Nationalsozialismus und des Staatssozialismus/Kommunismus vergeblich klarzumachen versuchten, angefangen bei den oben genannten Fraenkel, Löwenthal, Karl Popper, Hannah Arendt, Raymond Aron, Manés Sperber über Ralf Dahrendorf oder Karl Dietrich Bracher bis hin zu Heinrich August Winkler etc.pp, die alle nicht im Verdacht standen, übertrieben konservativ gewesen zu sein. Stalin und Mao waren laut Precht natürlich keine Linken, sondern lediglich Verbrecher. Das Faktum, dass der linke Terror mit Lenin begann und nicht erst mit Stalin, scheint Leuten wie Precht unbekannt zu sein. Ihnen fallen zwar die McCarthy-Ära und der Justizmord an Julius und Ethel Rosenberg ein, aber nicht die Verfolgungen Oppositioneller im Ostblock und der Prager Slánsky-Prozess einschließlich der zahlreichen Justizmorde von Budapest über Berlin bis Moskau. Das historische wie aktuelle Faktenwissen befindet sich bei dieser Linken-Generation auf dem Niveau von Zehntklässlern, obwohl sie im Medien- und Kulturbetrieb die vordersten Ränge besetzen und die ersten Geigen spielen, Orden und Auszeichnungen aufhäufen und nicht selten als „Intellektuelle“ gelten. Dass die 68er nach 1989 keinen Bedarf sahen, mit ihren linken Spinnereien fernab jeder Realität ins Gericht zu gehen, sich zu revidieren und einzuräumen, dass sie sich auf einem Irrweg befanden, ist das eine. Dass ihre Kinder – Precht ist dafür ein gutes Beispiel – ihre Eltern offenkundig nie kritisch befragten, sondern deren Stereotypen, Schablonen und Wissenslücken brav reproduzierten – bis hin zum größenwahnsinnigen Glauben der 68er, sie und nicht etwa Louis Armstrong, Ella Fitzgerald, J. D. Salinger, Elvis Presley, die Beatles, Roy Lichtenstein, Andy Warhol, Bluejeans und Coca Cola die große kulturelle Öffnung eingeleitet hätten, die ab Ende der 1950er Jahre Deutschland zu erreichen begonnen hatte. Mit den 68ern kamen mancherorts und für einige Jahre das besinnungslose Gebrüll, die Sprechchöre und Parolen, der Hang zur Gewalt und der Kollektivismus der späten zwanziger und frühen dreißiger Jahre zurück an die Universitäten und auf die Straßen. Das bedeutet nicht, dass die Polizeigewalt gegen die Studenten gerechtfertigt gewesen wäre, aber die vielfach vermittelte Schwarz-Weiß-Malerei einer abgrundtief bösen Polizei gegen eine grundgute, moralisch tadellose linke Studentenbewegung, die ja nur einen Teil der Jugend ausmachte, lediglich das akademische Milieu betraf und innerhalb desselben auch nur eine radikale Minderheit umfasste, ist verzerrt. Was bis heute stimmt und sich bei ebenfalls linken Kindern und Enkeln immer aufs Neue bestätigt, ist ihre unausgesetzte Flucht aus der Wirklichkeit und ihre fortgesetzte Faktenresistenz.
Das ist der Grund dafür, dass den Theveßens, Hayalis, Böhmermanns, Reschkes, Restles et al das Wort „Faschismus“, „Nazis“, „Rechtsextremisten“ etc.pp so leicht über die Lippen kommt, um Gegner, Kritiker, Abweichler und Leute, die bloß anderer Meinung sind als sie, zu dämonisieren.
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