Zum Inhalt springen

Jung und naiv? Der alternde Tilo und seine Dummheiten

Heute kommt der Antisemitismus in Gestalt des Israelhasses eindeutig von Islamisten und Linken. Ausgesprochen marginal, wenn auch vorhanden, ist er augenblicklich auf der rechten Seite des politischen Spektrums ausgeprägt. Das war vor dreißig, vierzig Jahren noch anders, auch wenn die Judenfeindschaft im Hinblick auf den Staat Israel auch damals schon sowohl bei der Neuen Linken als auch bei der extremen Rechten hoch im Kurs stand. Nicht zu vergessen ist, dass die Neue Linke immer ein Produkt der bürgerlichen und politischen Mitte der deutschen Gesellschaft war, das sich rasch aus dem akademischen Milieu hinaus in alle möglichen Berufsfelder bewegte. In der DDR wurde seit 1967 über zwanzig Jahre lang offiziell, brachial, in allen Medien und in allen Bildungsinstitutionen gegen Israel gehetzt.

Nach der Gründung des Staates Israel 1948 zwischen Antisemitismus und Antizionismus unterscheiden zu wollen, ist akademische Haarspalterei. Gewiss, die Sowjetunion hatte 1947 dem UN-Teilungsplan zugestimmt und Israel unmittelbar nach seiner Unabhängigkeitserklärung in der Annahme anerkannt, es würde einen Staatssozialismus etablieren. Als sich abzeichnete, dass Israel eine Westbindung einging, war es mit Freundschaft ab 1949 vorbei und die Sowjetunion wandte sich allmählich dem Staaten des arabischen Sozialismus zu, vor allem Ägypten und Syrien. Das Jüdische Antifaschistische Komitee (JAK), das während der Anti-Hitler-Koalition im Zweiten Weltkrieg Gelder in den USA gesammelt hatte, wurde aufgelöst, nachdem sein Vorsitzender, Solomon Michoels, schon im Januar 1948 in Stalins Auftrag ermordet worden war. Juden in der Sowjetunion wurde der Vorwurf eines übersteigerten Nationalismus gemacht, sobald sie sich mit jiddischer Sprache, Theater und Kultur befassten. Das Wort „Zionismus“ gehörte fortan zum Standardrepertoire teils tödlich endender Anklagen und Vorwürfe fast im gesamten Ostblock. Man denke an den Prager Slánsky-Prozess im November 1952 und die elf für nichts als die paranoiden Fantasien und Projektionen ihrer Ankläger hingerichteten jüdischen Kommunisten. Zionismus mit Faschismus in Verbindung zu bringen, war eine sowjetische Erfindung. Anfang 1953 flohen Juden scharenweise, damit es nicht noch einmal zu spät dafür ist. Nach Stalins Tod im März 1953 endeten zwar die Verfolgungen und Schauprozesse im Ostblock, nicht aber die antizionistische Propaganda, die sich ab Ende der sechziger Jahre schlagartig und in mehreren Wellen auch im gesamten Westen ausbreitete. Selbst in Deutschland änderte daran auch die langsam einsetzende breitere Auseinandersetzung mit dem Holocaust ab Ende der 1970er Jahre nichts. Schließlich hatten schon der Jerusalemer Eichmann-Prozess 1962 und die Frankfurter Auschwitz-Prozesse ab 1963 die Studenten und linken Journalisten wie Ulrike Meinhof nicht daran gehindert, Tränen über tote Juden zu vergießen und in Israel zugleich neue Nazis und neue Faschisten am Werk zu sehen, während die Palästinenser, die ja ebenso wie die Elterngeneration der Neuen Linken in den historisch-faktischen Judenmord verstrickt gewesen waren, zu den neuen Juden avancierten. Der alte Dreiklang aus Antisemitismus, Antiamerikanismus und Antikapitalismus, der seit den 1920er Jahren im rechten wie im linken Spektrum anzutreffen war, hat sich ein ganzes Jahrhundert lang gehalten. Er erfährt so aller zwanzig, dreißig Jahre eine Frischzellenkur. Egal, wie gut die NS-Zeit aufgearbeitet ist und wird.

Am deutlichsten kann man das an dem 1985 in der DDR geborenen Tilo Jung sehen, der sich für einen Journalisten hält, aber weder dieses Handwerk noch ein anderes je gelernt hat und eher in der Abteilung „irgendwas mit Medien“ rangiert. Zwar beherrscht er weder das Fragenstellen – er konfrontiert seine Interviewgäste in der Regel nur mit unverdauten, propagandistisch angehauchten und parolenartigen Versatzstücken diverser antiwestlicher Ideologien, die eine unglaubliche Wirrnis in seinem Kopf angerichtet haben müssen – noch ist er auch nur oberflächlich in die Themen eingearbeitet, für die seine Gäste jeweils stehen, nennt seinen Videokanal „Jung und naiv“ auf youtube aber großspurig „Interview-Format“. Bald wird der Mann vierzig und mit dem Wortspiel sollte es langsam vorbei sein. Zum Vergleich hätte man die denkbar unterschiedlichen, aber in etwa gleichaltrigen Journalisten Paul Ronzheimer von „BILD“, Philipp Peyman Engel von der „Jüdischen Allgemeinen“, Anna Schneider von der „Welt“ oder Judith Sevinc Basad, die es bei aller Verschiedenheit verstehen, Fragen zu stellen, Themen publizistisch aufzubereiten und Standpunkte klar zu formulieren. Hätten sie die Gelegenheit, mit dem Historiker Götz Aly ein Gespräch über Fragen zu führen, wie sich in Deutschland 1933 der Nationalsozialismus so rasch hat etablieren können, warum es bis 1945 fast keinen Widerstand aus dem Innern des Reichs gab und weshalb die meisten Deutschen, egal, ob Sozialdemokraten, Christdemokraten, Liberale, Kommunisten, Gewerkschaftler und sogar die SED so betreten, energisch und lange über ihre Mitverantwortung schwiegen, derart versemmelt wie der den Teenie spielende, vierzigjährige Tilo Jung https://www.youtube.com/watch?v=86Ljg_-KeIo? Vermutlich hätten sie nicht wie Jung hektisch in Notizen nach irgendwelchen Rassismus- und Kolonialismus-Schablonen blättern müssen, um Aly links-woken Nonsens entgegenzuhalten, der sich, weil er erstens undurchdacht und zweitens historisch-faktisch völlig ungedeckt ist, leicht widerlegen lässt? Die Berufsbezeichnung „Journalist“ ist ungeschützt und jeder Schwätzer, der nie in einer seriösen Redaktion gearbeitet und deshalb nichts gelernt, aber mediale Aufmerksamkeit erzeugt hat, kann sich damit aus der Affäre ziehen. Tilo Jung ist jedenfalls kein Journalist, sondern eine Parolen-Schleuder, die kurz vor einem nervlichen Zusammenbruch steht, wenn sie zum ersten Mal hört, dass Kommunisten noch nie Demokraten waren und an der Zerstörung der Weimarer Republik ebenso beteiligt gewesen sind, wie die Nazis, dass Kolonialismus und (Hautfarben)Rassismus nicht die Hauptantriebsquelle der Nazis gewesen sind, dass sich viele deutsche Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter – also Linke – den Nazis nach 1933 anpassten, andienten und mitmachten, dass Hitlers Sozialpolitik stramm links, wenn auch nicht marxistisch oder kommunistisch gewesen ist, die rassebiologisch begründete Volksgemeinschaft eine klassenlose Gesellschaft anstrebte und es in gewisser Weise auch gewesen ist, dass nur der übergeordnete Gewerkschaftsbund aufgelöst wurde, die Einzelgewerkschaften aber bestehen blieben und lediglich umorganisiert wurden usw.

Es wird Zeit, dass endlich begriffen wird, dass der Marxismus nur eine Spielart des Sozialismus gewesen ist, der im 19. und 20. Jahrhundert faktisch von anarchistisch über christlich bis rechts und links existierte und die Nazis folglich eine, wenn auch die mit großem Abstand mörderischste, weil antisemitischste aller Spielarten gewesen sind. Einen demokratischen Sozialismus, wie ihn sich die SED-Nachfolger auf die Fahnen geschrieben haben, kann es per definitionem nicht geben. Denn das hieße: Planwirtschaft, staatlich gelenkte Wirtschaftspolitik, Vergesellschaftung ganzer Industrien, Gängelung und Zwangsmaßnahmen gegen die Bürger usw. Das wäre antidemokratisch, illiberal, freiheits- und menschenfeindlich und mit unserem Grundgesetz nicht vereinbar. Gleiches gilt für eine immer autoritärer werdende, staatlich sanktionierte grüne Klimapolitik. Es kann eine soziale Demokratie geben. Die Sozialdemokraten haben es bewiesen. Unser Grundgesetz beweist es, denn es garantiert den mit der freien Marktwirtschaft verknüpften Sozialstaat, der allerdings nur dann funktioniert, wenn es Zugangsbeschränkungen zu ihm gibt und sie eingehalten werden, sprich: wenn er an die deutsche Staatsbürgerschaft gebunden bleibt, die wiederum hohe, aber nicht unüberwindbare Hürden haben muss. Die dumme Bemerkung Tilo Jungs, dass Sozialstaatsansprüche, genauer Rentenansprüche „nur für Teutonen“ gelten würden und – so hat er es gemeint – das eine praktisch geübte Ungerechtigkeit sei, spricht Bände über seine intellektuelle Zurechnungsfähigkeit. Asylberechtigung und Schutzberechtigung nach der Genfer Flüchtlingskonvention sind Aufenthaltsrecht auf Zeit. Beides bedarf überdies einer Überarbeitung und Anpassung an die heutige Situation. Sprich: Die meisten Syrer, Afghanen, Iraker, Menschen aus Subsahara-Afrika, die in den vergangenen 20 Jahren illegal nach Deutschland gekommen sind, werden in ihre Herkunftsländer zurückkehren müssen.

143 Kommentare

  1. **mind vault**

    mind vault is a premium cognitive support formula created for adults 45+. It’s thoughtfully designed to help maintain clear thinking

  2. **prostadine**

    prostadine is a next-generation prostate support formula designed to help maintain, restore, and enhance optimal male prostate performance.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert