Das Berliner Neutralitätsgesetz fordert von Mitarbeitern im Öffentlichen Dienst den Verzicht auf das Tragen religiöser und weltanschaulicher Symbole. Das betrifft staatliche Schulen, die Sicherheitsbehörden und die Justiz. Denn staatliche Repräsentanten müssen allen Bürgern gegenüber neutral auftreten, um zu signalisieren, dass niemand wegen seiner Herkunft, wegen, seiner Religion, seines Geschlechts etc.pp benachteiligt oder bevorzugt wird. Das islamische Kopftuch, welches das Neutralitätsgebot erst seit etwa 20 Jahren herausfordert, sorgt in Berlin neuerdings wieder für Schlagzeilen und Debatten. Das Erfurter Bundesarbeitsgericht hat kürzlich den Schadensersatzanspruch einer Lehrerin gegenüber dem Land bestätigt, die das Kopftuch im Schulunterricht nicht abzulegen bereit ist. Ohne die Urteilsbegründung des Gerichts abzuwarten hatte daraufhin Justizsenator Dirk Behrendt (Bündnisgrüne) angeordnet, dass Referendarinnen das Kopftuch auch im Gerichtssaal tragen dürfen. Heftigen Widerspruch erntete er daraufhin nicht nur vom Koalitionspartner SPD und der Opposition, sondern auch aus den Reihen der Justizbeamten. Die Sache liegt verhältnismäßig einfach: Das Säkularitätsprinzip, die Trennung von Staat und Religion, sichert das Funktionieren der liberalen Demokratie und die Einhaltung des Grundgesetzes. Denn das Grundgesetz garantiert allen Bürgern die positive und die negative Religionsfreiheit, das heißt, die Freiheit zu und von jeglicher Religion. Denn erstens gibt es in der Bundesrepublik eine Vielzahl von Religionen und zweitens eine Fülle Menschen, die entweder als Atheisten oder Agnostiker leben und das Recht haben, von religiösen Symbolen verschont zu bleiben. Beide Seiten der Religionsfreiheit gelten als verbindlich. Erst das Neutralitätsgebot im Staatsdienst sichert die oft beschworene religiöse Vielfalt im gesellschaftlichen Leben. In Konfessionsschulen kann das Kopftuch gern erlaubt sein, in staatlichen Bildungseinrichtungen nicht, denn dort repräsentieren die Lehrkräfte vor allem das Grundgesetz und keine Religionsgesetze oder religiösen Reglements. Wer als gläubiger Mensch im Dienst des Staates die Regeln seiner Religion als wichtiger erachtet als das für alle Staatsbürger geltende Grundgesetz, gibt zu verstehen, dass er das Säkularitätsprinzip unserer liberalen Demokratie nicht akzeptiert.
Manche Berliner Grüne wie Bettina Jarasch oder Justizsenator Behrendt argumentieren, dass sich die religiöse Vielfalt in den staatlichen Schulen abbilden müsse. Dieses Argument trägt nicht nur nicht, es ist unsinnig, weil das islamische Kopftuch im Dienst eine bestimmte Religion vor allen anderen bevorzugen würde. Das Zulassen wiederum aller religiösen Symbole würde über kurz oder lang das Gegenteil von Vielfalt bewirken. Denn es würde erstens einen Kampf um die Hegemonie vom Zaun brechen, in dem der Stärkere und nicht die Stärke des Rechts gewinnt. Zweitens sind Schulen, Sicherheitsbehörden und Gerichtssäle keine politisch-religiösen Kampfzonen, zu denen sie aber unweigerlich verkämen, sollten sich die Sichtweisen Behrendts und Jaraschs durchsetzen.
Die Bevorzugung religiöser Reglements vor dem Grundgesetz entspricht der Agenda des politischen Islam, dem die Vorstöße des amtierenden Berliner Justizsenators uneingestandenermaßen verpflichtet sind. Offenkundig hat die Kopftuch tragende Lehrerin nicht in erster Linie die freie Entfaltung und Entwicklung ihrer Schüler im Sinn, sondern die Priorisierung ihres persönlichen Glaubens. Gegenüber den Schülern ist das respektlos.