Glücklicherweise nicht! Man könnte es denken, weil Blinde die Rollstuhlfahrer nicht sehen können und Rollstuhlfahrer Blinden nicht so rasch ausweichen können. Aber beide haben einen Mund und können reden. Als ich einmal an einer unübersichtlichen und stark befahrenen Straßenkreuzung stand, hielt direkt neben mir ein Rollifahrer, sagte “Hallo”, nahm meine Hand und fragte, ob ich klarkäme und ob er mich über die Fahrbahn hinüberbegleiten dürfe. So wie Blinde mit ihrem Langstock Sehenden nicht zwischen den Füßen rumfuchteln – manchmal treten unaufmerksame Sehende im Gedränge auf den Stock -, so rasen Rollifahrer nicht in Menschenmengen. Kurz nach meiner Erblindung teilte ich für zwei Tage in der Reha das Zimmer mit einer Frau im Rollstuhl. Wir bewegten uns gemeinsam durchs Gelände: Ich schob den Rollstuhl und sie gab die Richtung vor. Das klappte prima. Jeder gibt, was er kann, dann wird’s schon. Wie Blinde merken, ob Menschen sich in ihrer Umgebung befinden? Sie hören sie. Selbst, wer den Atem anhält und stillsteht, würde von den meisten Blinden bemerkt. Dafür sorgt ein Phänomen namens “Schallecho”. Zu Kollisionen kommt es nur in hektischen Situationen oder wenn Blinde gerade in Gedanken oder von etwas anderem abgelenkt sind. Kommt vor, ist aber nicht die Regel. Deshalb fallen Blinde und Rollstuhlfahrer selten bis nie übereinander her.
Zur neuen Reihe “Franz fragt”: Franz ist eine Freundin und macht Kunst gemeinsam mit Menschen. Da will man dann dies oder jenes wissen und fragt. Auch, um den Wissensdurst anderer zu stillen.