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Sie hat es doch nicht so gemeint, die Präsidentin …

Inzwischen hat sich die Präsidentin der Technischen Universität Berlin für ihre Likes antisemitischer Tweets entschuldigt. Nachdem sie von der Berliner Wissenschaftssenatorin ausdrücklich dazu aufgefordert werden musste, sich öffentlich zu ihren Likes zu erklären. Man kann vielleicht – ich glaube das nicht wirklich, würde das aber zugestehen – einen antisemitischen Tweet versehentlich mit einem „Gefällt mir“ versehen, wenn man gerade nicht alle beisammen hat, innerlich unaufgeräumt ist und sich auch sonst zu viel mit Dingen beschäftigt, die nicht in den vordringlichen Aufgabenbereich einer Universitätspräsidentin fallen (das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit zu einem Steigbügelhalter des Rechtsextremismus erklären beispielsweise), aber man kann das bei klarem Verstand nicht auch noch wiederholen. Rücktritt bleibt dann als einzige Option. Erst recht, wenn Interventionen von mehreren Seiten – Antisemitismusbeauftragten, dem Zentralrat der Juden, jüdischen Wissenschaftlern und Studenten und nun auch noch der Wissenschaftssenatorin nötig waren, um überhaupt öffentlich zu reagieren. (https://www.nzz.ch/international/tu-praesidentin-geraldine-rauch-antisemitismus-ja-ruecktritt-nein-ld.1832679)

Die TU-Präsidentin war schnell mit einem öffentlichen Statement zur Stelle, als es um die Verteidigung der HU-Präsidentin Julia von Blumenthal ging, die erst noch mit den randalierenden Besetzern des sozialwissenschaftlichen Instituts „diskutieren“ wollte, bevor sie – auf Anweisung des Berliner Bürgermeisters – das Antisemiten-Camp von der Polizei räumen ließ. Würde man mit der „Ausländer raus“ grölenden Sylter Wohlstandsblase diskutieren, bevor man sie öffentlich verurteilt und strafrechtlich verfolgt? Würde man mit „Sieg Heil“ brüllenden Vertretern der Jungen Alternative erst noch diskutieren, bevor man die Polizei ruft und sie wegen Volksverhetzung anzeigt? Sicher nicht. Vermutlich war das aus meiner Sicht überflüssige Prozedere einer simulierten Debatte an der Humboldt-Universität ein Zugeständnis an Professoren wie Naika Foroutan, denen man auf diese Weise erneut nicht klarmacht, wo die Diskussion aufhört und der Rechtsstaat beginnt.